Florin Oslobanu vom Bukarester Control Club entdeckt seit 15 Jahren neue Musiktalente und organisiert tolle Partys. Europavox traf sich mit diesem engagierten Musikfan und versucht herauszufinden, was diese Leidenschaft antreibt.
Er gründete den Club nicht, um damit reich zu werden, sondern vor allem, um mit seinen Freunden abzuhängen und neue Musik zu hören. Aber nach und nach und Dank seiner harten Arbeit machte er ihn zum bestbesuchten Veranstaltungsort für Liveacts in Bukarest. Im Rahmen der „Best In Class“-Serie sprechen mit Florin Oslobanu, dem Projektpartner von Europavox und einem der engagiertesten und angesehensten Musikprofis in Rumänien.
Florin ist Miteigentümer des Control Clubs und kümmert sich um das Programm und alles, was mit Musik zu tun hat. Denn an diesem fantastischen Ort werden jeden Tag Live-Shows und DJ-Sets veranstaltet und dabei die aufregendsten Pop-, Hip-Hop-, Punk- oder Techno-Acts ausgegraben.
Und nicht nur Liveacts werden hier geboten: Müsst ihr etwas frische Luft schnappen oder etwas essen, um nach dem vielen Pogo den Blutzucker zu senken? Dann müsst ihr nicht lange suchen, denn im Control gibt es neben den beiden Sälen auch eine schöne Außenterrasse und ein Restaurant.
Zwischen zwei Partys erzählte uns Florin von seiner Reise, seiner Leidenschaft und gab uns sogar einige Tipps zu neuen Bands.
Was hat dich zuerst zur Musik gebracht?
Musik war schon immer ein Teil meines Lebens. Es begann in Etappen. Ich erinnere mich noch an die Zeit vor der Schule. Im Kindergarten waren wir in zwei Lager geteilt: Die ABBA-Fans und die von Boney M. Ich gehörte zum Lager Boney M. Nur der Himmel weiß, warum.
Ein paar Jahre später bekam ich meinen ersten polnischen Mono-Kassettenrekorder. Ich habe Musikshows aus dem Radio aufgenommen. Das war in den späten 70er- und frühen 80er-Jahren in Rumänien Gang und Gebe. Um 1983 erweiterte sich mein musikalischer Horizont erheblich. Mein Onkel schickte mir aus Großbritannien einen Walkman mit mehreren bespielten Kassetten, darunter eine Compilation mit dem Titel „Now That’s What I Call Music“. Da waren Bands und Musik drauf, von denen ich gar nicht wusste, dass es sie überhaupt gibt: Madness, The Cure, Depeche Mode, Duran Duran, Siouxsie & the Banshees und andere. Von diesem Moment an hat mich die Musik in ihren Bann gezogen. Ich begann, diese Art von Musik aktiv zu suchen. Im Radio lief das nicht. Und die Platten konnte man auch nicht kaufen.
Natürlich kam der eigentliche Wendepunkt nach der friedlichen Revolution von 1989, als Musik aus dem Westen auch bei uns ankam. In dieser Zeit holte ich alles nach, was ich bisher verpasst hatte und versuchte gleichzeitig, mich so gut wie möglich über die Musikszene auf dem Laufenden zu halten.
Wie bist du in der Musikindustrie gelandet?
Das kam völlig unerwartet. Ich hatte zwar schon seit den 90er-Jahren die Idee zu einem Club im Hinterkopf, aber irgendwie war es nie der richtige Zeitpunkt. Ich hatte gerade eine IT-Karriere begonnen, als mich ein Freund anrief. Er erzählte mir, er wolle eine Musikbar eröffnen und bat mich um Hilfe, um die Dinge in Gang zu bringen. Und genau das tat ich. Als er nach einem Jahr größere Räumlichkeiten fand, stieg ich in das Geschäft ein. Ganz am Anfang nahm ich das alles nicht allzu ernst. Ich dachte, dass sich im Control höchstwahrscheinlich nur Freunde treffen würden, um Musik zu hören, die in anderen Clubs der Stadt nicht lief. Aber der Club wurde schnell erfolgreich, und die Aussicht, dass wir ausländische Acts, die wir liebten und von denen wir vorher nicht mal geträumt hätten, sie in Bukarest zu sehen, in den Club bringen konnten, veranlasste mich, mich zu 100 % dieser Aktivität zu widmen.
Was ist deine Rolle im Control Club?
Ich kümmere mich um alles, was mit Musik zu tun hat – vom Booking und der Planung bis hin zu Strategie und Kommunikation, und ich engagiere mich aktiv in jedem dieser Bereiche. Das bedeutet, dass ich nicht nur beaufsichtige, sondern viele Aufgaben persönlich erledige.
Worauf bist du besonders stolz bei diesem Abenteuer?
Dass wir es geschafft haben, Bukarest für Clubkonzerte mit internationalen Nischen-Acts bekannt zu machen. Dadurch haben wir in einem relativ unterentwickelten Markt ein gewisses Maß an finanzieller Stabilität erreicht. Die internationale Anerkennung freut uns natürlich. Ich bin immer noch erstaunt, wenn ich Musikveranstaltungen im Ausland besuche und feststelle, dass viele Leute in der Branche und sogar im Publikum den Control Club kennen.
Was sind die großen Herausforderungen in deinem Job?
Ich könnte leicht einen Roman über die Herausforderungen schreiben, mit denen wir konfrontiert waren, insbesondere nach der Pandemie. Aber ich werde mich auf die musikalischen Aspekte konzentrieren und nicht über das Finanzielle reden. In den ersten drei bis vier Jahren richtete sich Control vor allem an Fans von Indie, Alternative Rock und Post-Punk. Aber nach dem Umzug in eine größere Location im Jahr 2012 haben wir uns auch intensiv mit der elektronischen Musikszene beschäftigt. Der Club hat jeden Tag offen. In der Regel gibt es erst ein Konzert und danach eine Party mit elektronischer Musik. Bei uns spielen internationale DJs, aber natürlich auch welche aus der Region.
Im Gegensatz zu vielen europäischen Musikveranstalter:innen und Clubs, die sich nur auf einen Teilbereich konzentrieren, setzen wir seit über 15 Jahren alles daran, beide Szenen abzudecken. Der Musikgeschmack und die Art und Weise, wie sich neuere Generationen mit Musik, Clubbing und Nachtleben beschäftigen, verändern sich rasant. Als Veranstalter:innen versuchen wir ständig, unsere kuratorischen Ambitionen mit dem in Einklang zu bringen, was das Publikum wirklich hören möchte. Hier die richtige Balance zu finden, ist im Moment unsere größte Herausforderung.
Wenn du in der Zeit zurückreisen könntest, welche Tipps würdest du dem jungen Florin geben? Was weißt du jetzt etwas, das dir am Anfang geholfen hätte?
Die Antwort auf diese Frage ist echt schwer. Ich habe mich zum Beispiel ausschließlich auf den jugendlichen Mut und meinen Instinkt verlassen, ohne die Marktlage zu berücksichtigen. Ich denke, ich habe damals den Fehler gemacht, die Dinge nicht sorgfältig zu planen. Auf der anderen Seite ist es aber vielleicht genau das, was mich so weit gebracht hat.
Wie sieht die Zukunft für dich aus?
Man kann sich da nie sicher sein. Manchmal frustriert mich, dass unser CLub doch verhältnismäßig klein ist. Das schränkt uns ein. Ich denke oft darüber nach, wie es wäre, größere Konzerte zu organisieren, vielleicht im Freien oder an größeren Veranstaltungsorten. Ich warte immer noch auf die richtige Gelegenheit, um dies zu verwirklichen.
Wie bist du zu Europavox gekommen? Und was bedeutet das Projekt für dich persönlich?
Im Jahr 2019 zog sich eine der damaligen Partnerorganisationen aus dem Europavox-Projekt zurück. Irgendwie kam der Control Club ins Gespräch, und wir haben uns ein paar Mal unterhalten. Zu dieser Zeit war ich ziemlich skeptisch, was unsere Chancen angeht, denn es gab viele bekannte Musikveranstaltungen in Europa und nur einen verfügbaren Spot. Wir waren echt stolz, als wir erfuhren, dass wir ausgewählt wurden. Für uns war dies ein klares Indiz dafür, dass unsere Bemühungen auch außerhalb Rumäniens anerkannt und gewürdigt wurden. Oder vielleicht hatten wir einfach nur Glück.
Es macht mir wirklich großen Spaß, Teil dieses Projekts zu sein. Erstens, weil ich unglaubliche Menschen getroffen habe, die meine Leidenschaft für Musik teilen. Es sind sehr erfahrene Promoter:innen, von denen ich wahnsinnig viel lernen kann. Zweitens habe ich jede Menge europäische Künstler:innen kennengelernt, von denen ich ansonsten nicht mal gehört hätte. Einige von ihnen konnte ich sogar in Rumänien bekannt machen. Das Hauptziel des Projekts, neue talentierte europäische Künstler:innen auszumachen und ihnen bei ihrem Aufstieg zu helfen, ist genau das, was die Musikwelt gerade braucht.
Kannst du den Newcomern Tipps geben, wie sie in Europa groß rauskommen können?
Seid hartnäckig und konsequent, gebt nicht auf, auch wenn gerade mal nicht alles glatt läuft. Konzentriert euch auf die Zukunft und legt euch nicht auf ein Genre fest, probiert einfach alles aus. Veröffentlicht regelmäßig Tracks und kümmert euch um eure Fans, bezieht sie ein. Und wenn ihr euch keinen Manager leisten könnt, informiert euch im Netz über aktuelle Marketingstrategien. Schickt eure Musik an Europavox.