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Erasmus und Musik: Klänge über Grenzen hinweg

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Erasmus und Musik: Klänge über Grenzen hinweg

2017 gewann Salvador Sobral mit „Amar pelos dois“ den Eurovision Song Contest für Portugal. Und mit der Performance bei der Preisverleihung in Kiew wurde er international bekannt und berühmt. Geplant war das alles nicht. Eigentlich wollte er Psychologie studieren, doch die Erfahrungen, die er während seines Auslandsstudiums im Rahmen des Erasmus+ Programms machte, ebneten ihm den Weg zur Musik – und schließlich zu weltweiten Erfolgen. Sein Werdegang ist nur ein Beispiel, wie das Programm Erasmus+ europäische Musiker*innen zusammenbringen kann.

Anlässlich der diesjährigen #ErasmusDays wirft Europavox einen Blick auf mehr als 300 Jahre musikalische Mobilität und die dadurch ermöglichten Erfolgsgeschichten.

Von der Renaissance ins Weltall

Das nach dem niederländischen Philosophen und Theologen Desiderius Erasmus Roterodamus benannte Erasmus-Programm unterstützt Studierende in ganz Europa und steht für grenzüberschreitende Ausbildung und Integration. Das Austauschprogramm für Studierende besteht seit 1987 und arbeitet mit rund 90 % der Universitäten in 42 Ländern zusammen. Seitdem haben mehr als zehn Millionen Student*innen davon profitiert.

Im Jahr 2014 wurde das ursprüngliche Programm von Erasmus+ abgelöst und erweitert: Ausbildung, Weiterbildung und Sport gehören seitdem auch dazu. Aktuell liegt der Fokus, dank noch umfangreicherer Finanzierung, vor allem auf den Aspekten der sozialen Inklusion. Das Digitale kommt dabei auch nicht zu kurz. Und die ursprüngliche Idee, Studierenden mit Aufenthalten im Ausland neue Chancen und Möglichkeiten aufzuzeigen, ist weiterhin wichtig.

Erasmus+ ist ein großer Erfolg. Alles andere wäre eine maßlose Untertreibung. Das Programm ist einer der Eckpfeiler der europäischen Gemeinschaft und unterstützt nicht nur Studierende, sondern auch Lehrkräfte und Ausbilder*innen, im Ausland zu studieren, zu arbeiten, zu reisen und neue Netzwerke und Beziehungen aufzubauen. Dabei geht es nicht nur um die Vergabe von Stipendien. Erasmus+ fördert Initiativen auf dem ganzen Kontinent – und auch zahlreiche Innovationen im Umweltschutz.

Das Programm Erasmus+ hat die Karrieren zahlreicher ehemaliger Studierender in den verschiedensten Bereichen gefördert. Zu den bekanntesten Erasmus-Absolvent*innen gehören die Astronautin Samantha Cristoforetti, die ehemalige Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Federica Mogherini und der leitende Produzent des Shakespeare’s Globe Theatre Tom Bird, um nur einige zu nennen.

Erasmus Idol

Das Programm hat auch die musikalischen Karrieren vieler namhafter, aber auch weniger bekannter Musiktalente befeuert. Neben dem Portugiesen Salvador Sobral brachte Erasmus auch die Musikkarriere des portugiesischen Stars Diogo Piçarra ins Rollen, der 2012 den nationalen Pop-Idol-Wettbewerb gewann.

Während seines Studiums an der Universität der Algarve entschied sich Piçarra – wie auch Sobral – für das Erasmus+-Programm und absolvierte ein Auslandssemester an der Olmützer Palacký-Universität in der Tschechischen Republik.

Wenn ich nach dem Wendepunkt in meiner Karriere gefragt werde, nach dem Moment, in dem ich mir erstmals etwas mit Musik vorstellen konnte, dann sage ich: während meiner Erasmus-Zeit.“ So wird Piçarra anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Erasmus-Programms zitiert.

Dank seiner Erfahrungen ist Piçarra heute Botschafter für Erasmus in Portugal. Ursprünglich begann er als unabhängiger Musiker. Doch seine wahren Träume verwirklichte er erst, als er den letzten Schritt wagte. Piçarra ist überzeugt, dass die Erasmus-Erfahrungen sein Selbstwertgefühl gestärkt haben. Er fühlte sich fortan wohler in der Öffentlichkeit – und seine sprachliche Expertise verbesserte sich ebenso. Ganz zu schweigen vom Selbstwertgefühl und der damit verbundenen Unabhängigkeit. Nicht ganz unwichtig, um Dinge einfach umzusetzen.

Für den Eurovisionssieger Sobral war die Erfahrung ganz ähnlich. Während seines Psychologiestudiums absolvierte er ein Auslandsjahr an der UIB (Universitet de Islas Balears) in Palma de Mallorca. Dort verbrachte er seine Freizeit in den Jazzclubs der Insel – nicht ganz ohne Wehmut. Und spielte für die Einheimischen.

Ich denke, alle sollten mindestens einmal in ihrem Leben im Ausland leben“, wird Sobral nach dem Gewinn des Eurovisionsfinales zitiert. „Es holt einen aus der Komfortzone heraus und gibt einem alle Arten von Erfahrungen.

Mit den melancholischen Bossa-Nova-Volksliedern in den Clubs von Palma erkannte Sobral, dass die Musik sein wirkliches Ziel war. In Barcelona setzte er seine musikalische Ausbildung – und präsentierte seine ganz eigene, stille und sanfte Sprache schließlich auf der Eurovisions-Bühne.

Musik und mehr

Von berühmten Künstler*innen mal abgesehen: Es gibt unzählige andere, die im Ausland ihre ganz eigene Berufung gefunden haben. Der renommierte deutsch-südafrikanische Sänger Ike Moriz hat sein Studium an der Musikhochschule in Rotterdam absolviert. Der französische Singer-Songwriter Mehdi Zannad konnte seinen Erasmus-Aufenthalt in UK nutzen, um sein musikalisches Repertoire zu erweitern und sein Debütprojekt als Fugu auf den Weg zu bringen. Der ungarische klassische Gitarrist Gergely Bándi begann seine Laufbahn mit einem Stipendium an der Guildhall School of Music & Drama in London.

Das Erasmus-Programm war auch ausschlaggebend für die Gründung des Berliner Avantgarde-Jazz-Duos Witch ’n‘ Monk. Das preisgekrönte Duo – Mauricio Velasierra und Heidi Heidelberg – verwebt Flöten, Gitarren und wilden Soprangesang in einem einzigartigen Stil, den die beiden auf zahlreichen Festivals einer größeren Öffentlichkeit vorgestellt haben.

Unser Projekt ist aus den Grundlagen meines Erasmus-Jahres heraus entstanden“, sagt die Sängerin und Gitarristin Heidelberg. Während ihres Auslandsstudiums in Paris wurde ihr Talent von einem neuen guten Freund entdeckt, der sie ermutigte, mehr aufzutreten. In dieser Zeit lernte sie Velasierra in einem kleinen Café, dem Chez Adel, kennen. „Mauricio und ich begannen unser Projekt damit, nachts Musik zu schreiben. Unseren ersten Gig hatten wir im Chez Adel. Unser zweiter Auftritt war dann im La Cigale (ein klassisches Pariser Theater) kam zustande, weil ich eine „Musicienne du métro“ war.