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Sans Soucis, Gewinnerin des MME Grand Jury Prize, über Erfolg & Zukunft

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Sans Soucis, Gewinnerin des MME Grand Jury Prize, über Erfolg & Zukunft

Die Music Moves Europe Awards (MMEA) sind eine Institution, wenn es um die Förderung junger Talente geht. Die Karriere vieler Künstler*innen, die wir heute aus den Charts kennen, begann hier. Die Preisverleihung, die jedes Jahr im Januar beim ESNS (Eurosonic Noorderslag) in Groningen stattfindet, würdigt die besten Talente aus ganz Europa. In diesem Jahr wurde die italienische Rhythm&Blues-Pop-Sensation Sans Soucis, alias Giulia Grispino, mit dem Grand Jury Prize ausgezeichnet, einer der höchsten Auszeichnungen der Awards überhaupt. Europavox sprach mit der aufstrebenden Musikerin, um herauszufinden, wie sich der Preis auf ihre Karriere ausgewirkt hat und was wir in Zukunft von ihr erwarten können.

Einen MME-Preis einzuheimsen, ist keine kleine Sache. Zu den bisherigen Preisträger*innen zählen Rosalía, Dua Lipa, Stromae, Hozier, Blanks und Christine and the Queens – Künstler*innen, die das kulturelle Paradigma der Musik auf dem ganzen Kontinent verändert haben. „Wenn ich mir die vorherigen Gewinner*innen dieses prestigeträchtigen Preises so ansehe, habe ich das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft von Legenden zu sein, was mein Impostor-Syndrom noch verstärkt. Aber das würden wohl alle so empfinden“, freut sich Sans Soucis über den Gewinn.

Die vom ESNS und vom Reeperbahn Festival organisierten und von der EU-Initiative Creative Europe kofinanzierten Awards richten das Augenmerk nicht nur auf die unterschiedlichsten neuen Künstler*innen aus ganz Europa, sondern sollen auch dazu beitragen, die Karrieren dieser Talente zu beschleuningen und zu fördern. In diesem Jahr erhielten alle 15 Nominierten die Chance, bei dem Event zu spielen und konnten zusätzlich an einem Workshop zum Thema Musikbusiness teilnehmen – unabhängig davon, ob sie gewonnen haben oder nicht.

Zu den diesjährigen Gewinnern zählen Schmyt (Deutschland), July Jones (Slowenien), Oska (Österreich), Kids Return (Frankreich), Queralt Lahoz (Spanien) und Jerry Heil (Ukraine). Heil nahm den Public Choice Award mit nach Hause. Der Grand Jury Award ging an das italienische Nachwuchstalent Sans Soucis. Dieser Preis wurde von einem unabhängigen Jury aus Fachleuten der Musikindustrie vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert. 5.000 Euro gibt es zusätzlich, um die Gewinner*innen beim Green-Touring, also dem nachhaltigen Touren, zu unterstützen.

Sans Soucis Dankesrede bei den MME Awards

© Ben Houdijk

Als wir Sans Soucis im Januar fragten, wie sie sich unmittelbar nach der Preisverleihung fühle, sagte sie: „Es hat mein Selbstvertrauen gestärkt und meinen Blick für das Wesentliche geschärft. Es war auch etwas ganz Besonderes, als stolze Schwarze und queere Italienerin dabei sein zu dürfen. Wir haben uns das verdient. Es ist immer noch schwierig, unsere Stimme in einer Welt zu finden, die jeden Tag versucht, uns zum Schweigen zu bringen und zu canceln. Musik ermöglicht mir, das zum Ausdruck zu bringen, was ich im wahren Leben nicht immer ausdrücken kann“, fügte Sans Soucis hinzu. Diese Erfahrung sei für sie immer noch surreal. „Wenn ich Musik mache, versuche ich, alle meine Dämonen gleichzeitig zu bekämpfen. Ich habe keine Angst zu sagen, was ich denke oder etwas zu wagen und zu experimentieren. In meinem künstlerischen Projekt steckt so viel von meiner persönlichen Geschichte, dass die Belohnung dafür, einfach ich selbst zu sein und hart daran zu arbeiten, mir selbst treu zu bleiben, eine Erinnerung daran ist, dass all die Arbeit, die Höhen und Tiefen es wert waren, durchgestanden zu werden. Ich bin immer noch unendlich dankbar dafür, und für das Gefühl, wahrgenommen zu werden.

© Ben Houdijk

Sans Soucis lebt zur Zeit in London. Seit 2018 veröffentlicht sie Musik – verbindet modernen und klassischen Rhythm & Blues mit Alternative-Pop und den Klängen ihrer italienischen und kongolesischen Roots. Ihr melodischer Synth-Pop punktet mit moderner Produktion und tiefgründigem Songwriting, in ihren Texten behandelt sie rassistische Traumata, Identität und ethnische Zugehörigkeit: Themen, mit denen sie sich als Künstlerin mit afrikanischem Erbe in Europa ohnehin auseinandersetzt. Dazu kommen queere Kultur und auch Spiritualität. Ihr wachsender Erfolg hat es ihr ermöglicht, um offen über diese Themen zu sprechen, sich für Menschenrechte einzusetzen, Musik-Workshops zu organisieren und junge Musiker *innen in UK zu unterstützen.

Letztendlich ist dieser Preis eine Gelegenheit, eine Plattform zu haben, um etwas mitzuteilen. Ich bin glücklich, noch mehr aus meinem Leben und meiner Musik zu teilen“, sagt sie über die Möglichkeiten, die der Preis mit sich bringt. „Ich hoffe, dass sich dadurch mehr Menschen meine Musik anhören und sich hoffentlich genauso wahrgenommen fühlen, wie ich mich fühlte, als ich meine Lieblingsplatten gehört habe.

Seit dem Award-Gewinn – räumt Sans Soucis ein – ändern sich die Dinge allmählich. Ihre Möglichkeiten werden größer. „Die bemerkenswertesten Highlights waren die Live-Auftritte vor einem größeren Publikum – in ausverkauften Hallen, von denen ich nie gedacht hätte, dass ich sie füllen könnte“, sagt sie über die Vorzüge des Erfolgs. „Ich freue mich auch sehr über die Chance, dieses Jahr noch mehr europäische Festivals bespielen zu können und dabei neue Leute kennenzulernen.

2023 war Sans Soucis auch auf dem Great Escape Festival und auf der SXSW in Austin, Texas, zu sehen. „Ich hatte viel Spaß“, erinnert sie sich an das amerikanische Festival. „Als ich die Grammys sah und der Hollywood Reporter meine Show als ein „Must See“ bezeichnete, war ich fassungslos, habe wirklich die Begeisterung gespürt, und war glücklich, dass die Leute zu den Shows gekommen sind.

Nach den zwei neuen Singles „Merchants“ und „I Know Your Present“ arbeitet die Künstlerin aktuell vor allem an ihrem neuen Album, das sie auch selbst produziert. „Das ist eine sehr aufregende Zeit“, sagt sie. „Es gibt noch eine Menge zu tun, aber wir sind sozusagen in der Phase des letzten Feinschliffs. Ich habe immer davon geträumt, ein Album selbst zu produzieren – jetzt ist der Moment. Ich habe mir Zeit gelassen, aber ich denke, es ist der perfekte Zeitpunkt für mich. Bis es soweit ist, wird es noch einige tolle Live-Shows geben. Ankündigung folgt!