Hallo aus Irland!
Hier schreibt James Hendicott, Europavox-Texter für die Grüne Insel. Wir hoffen, dass ihr alle einen tollen Sommer hattet. Unserer verlief anders; eine emotionale Achterbahnfahrt voller Ängste, aber auch mit dem Gefühl, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren und als Gemeinschaft zusammenzukommen.
Man sagt, wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach Limonade. Oder, für Irland heutzutage passender, wenn das Leben dir Einschränkungen im Pub gibt, geh zur Hintertür und lass dir dein Guinness vom Barmann durch die kaputte Personaltür reichen.
Also ja, es war eine ungewöhnliche Zeit für uns alle, und wir hier bei Europavox hoffen wirklich, dass Ihr einen Weg gefunden habt, sie so angenehm wie möglich zu gestalten. Da Irland eine Inselnation ist, ist es für viele Menschen ein immer wiederkehrendes Thema, die eigene Landschaft auf eine sozial distanzierte Art und Weise neu zu entdecken: Sie fahren an die zerklüftete Westküste oder erklimmen die Hügel und joggen durch die Täler der Grafschaft Wicklow.
Natürlich haben Musiker, die von Natur aus kreative Typen sind, eine andere Herangehensweise gefunden, als sie von ihrem (un-)konventionellen Leben und ihren Bühnen weggedrängt wurden, und obwohl es hart war – ganz klar – gab es einige absolut wunderbare „Limonaden“, die überall im Land produziert wurden.

Zum Beispiel Europavox-Liebling Daithi. Der Mann von der Westküste hat schon immer seinen Heimatort und seine Herkunft auf seiner Zunge getragen und wunderschöne Tracks kreiert, die die Klänge des irischen Westens oder sogar die Stimme seiner eigenen Großmutter aufgreifen. In Anlehnung daran hat er einen Raum in seinem Heimat County Clare geschaffen, der es anderen Künstlern ermöglicht, dasselbe zu tun.
Letzte Woche hat Daithi einen kreativen Raum namens „The Beekeepers“ eröffnet, der sofort für den Rest des Jahres ausgebucht war. Es handelt sich dabei um ein Refugium in der felsigen Umgebung von The Burren, das darauf ausgelegt ist, einen entspannten, voll ausgestatteten kreativen Raum für Musiker zu bieten, die in seine Fußstapfen treten wollen. Es ist ein Ort, der das Potenzial hat, ein bleibendes Vermächtnis für die irische Musik zu bieten, und Daithi hat seinen Lockdown damit verbracht, ihn zu renovieren.
In der Hauptstadt Dublin, in der es derzeit ungewöhnlich ruhig ist und nur gelegentliche Gigs mit weniger als 50 Besuchern stattfinden, hat der ehemalige Bassist von Otherkin, David Curley, eine Wandlung vom Sanitäter über Rockstar bis zum Studiobesitzer vollzogen. Curleys neues Projekt ‚The Clinic‘ konzentriert sich stark auf die analogen, technischen Anforderungen der Musikproduktion und hatte seit seinem Start letzte Woche die großen lokalen Acts James Vincent McMorrow und JYellow zu Gast.
Curley sagt, dass die Pandemie für ihn eine positive Erfahrung war: „Sie bot mir die Möglichkeit, einen Schritt zurückzutreten, das Endprodukt zu überdenken und das Studio auf eine Art und Weise fertigzustellen, die ich vorher gar nicht in Betracht gezogen hatte.“ Das schicke Studio wird sich wohl in der Stadt etablieren.

In Sachen experimentelle Kreativität hat das Kirkos Ensemble eines der ungewöhnlichsten Live-Projekte der letzten Jahre abgeliefert als sie vor kurzem eine Woche lang Veranstaltungen durchführten, die Dublin im Zusammenhang mit dem Klimawandel präsentierten. In einem Projekt namens „Biosphere“ spielten sie Streichinstrumente an einem Stadtstrand, bis die Flut sie überrollte, machten Tai Chi in einem Zorb-Ball, der mit geschreddertem Plastik gefüllt war, und stellten ein Hurling-Spiel mit einem Klavier nach.
Inmitten all der Seltsamkeiten glänzt unsere Kultur also weiterhin an ihren kreativsten Rändern.
Es gibt viele Gründe dafür, das Beste aus einer schlechten Situation zu machen.
Wie läuft es mit eurer Limonadenherstellung?
James